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Kurz gesagt:

Menschen mit einer angeborenen Thrombophilie haben ein stark erhöhtes Risiko für tiefe Venenthrombosen.

Die genetische Disposition dafür kann mit einem Bluttest ermittelt werden.

Vor allem bei einer familiären Häufung von Thrombosen ist ein Risiko-Check sinnvoll, um gegebenenfalls eine Präventionsstrategie zu entwickeln.

Für die Praxis

Sinnvoll ist das Screening bei einer tiefen Beinvenenthrombose oder Lungenembolie ohne erkennbaren Auslöser bei jüngeren Patienten (< 45 Jahren). Weitere Indikationen sind z. B. Thrombosen in untypischer Lokalisation, familiäre Thrombosebelastung und habituelle Aborte.
Ist eine angeborene Thrombophilie nachgewiesen, sollte auch bei erstgradigen Verwandten eine Thromboseneigung abgeklärt werden.

Unsere Arztinformation „Rationelle Diagnostik der Thrombophilie“ finden Sie unter...

Wie entsteht ein Blutgerinnsel?

Blut fließt mit einer Geschwindigkeit von bis zu einem Meter in der Sekunde durch unseren Körper. Das ist durchaus vergleichbar mit der Fließgeschwindigkeit eines Flusses. Und genau so, wie Barrieren und Hindernisse Wasser am Fließen hindern, kann auch unser Blutfluss ins Stocken geraten. Zum Beispiel während einer langen Flugreise, weil man die Beine dann kaum bewegt.

Wenn aus dem Blutfluss ein Rinnsal wird, kann es passieren, dass der Organismus irrtümlicherweise sein Gerinnungssystem aktiviert, das normalerweise dafür da ist, den Blutfluss bei Verletzungen schnell zu stoppen. Dann werden eine Reihe von gerinnungsfördernden Stoffen freigesetzt, die dafür sorgen, dass ein Propf gebildet wird – auch Gerinnsel oder Thrombus genannt. Man spricht von einer Thrombose (wenn sich das Gefäß an der Stelle verschließt, an der der Propf gebildet wurde) oder einer Embolie (wenn das Gerinnsel vom Blut weiterbefördert wird und in der Lunge, im Herz oder im Gehirn steckenbleibt).

Thromben können sich sowohl in den Arterien (die das Blut vom Herzen weg in den Körper leiten) als auch in den Venen (durch die das Blut zum Herzen hin fließt) bilden. Venenthrombosen sind aber deutlich häufiger und treten vor allem im Bein (60 Prozent) und im Becken (30 Prozent) auf.

Was sind die Warnzeichen für eine Thrombose?

Ein Gefäßverschluss kann plötzlich oder über einen längeren Zeitraum entstehen. Symptome sind unter anderem:

  • geschwollene Unterschenkel
  • unterschiedlich warme Beine/Hitzegefühl in einem Bein
  • Schwere- und Spannungsgefühl
  • Druckempfindlichkeit, etwa auf der Innenseite des Unterschenkels oder im Fuß
  • Schmerzen beim Auftreten, beim Strecken des Fußes oder bei körperlicher Belastung, die sich so ähnlich anfühlen wie Muskelkater
  • bläuliche Verfärbungen an einem Bein

Bitte denken Sie daran: Ein Verschluss in den tief gelegenen Venen der Beine oder des Beckens ist immer ein Notfall. Eine Thrombose muss schnell mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelt werden.

Erworbene Risikofaktoren

Ein Thrombus kann entstehen, wenn das Blut zu langsam fließt, die innere Wand eines Blutgefäßes durch kleine Verletzungen beschädigt wird oder die Blutgerinnung gestört ist. Dafür gibt es erworbene und angeborene Risikofaktoren.

„Erwerben“ kann man eine Thromboseneigung (Thrombophilie) durch

  • Erkrankungen (Covid-19, niedriger Blutdruck, Adipositas, Diabetes, Krampfadern, Herzschwäche, Krebs, Entzündungen, Gipsverbände, Bettlägerigkeit, medizinische Eingriffe etc.)
  • Medikamenteneinnahme (Hormonpräparate, Antibabypille, Diuretika, etc.)
  • Lebensstil (Rauchen, Bewegungsmangel, zu geringe Flüssigkeitsaufnahme etc.)

Auch das Alter und eine Schwangerschaft gelten als erworbene Risikofaktoren.

Angeborene Risikofaktoren

Neben beziehungsweise verstärkend zu solchen speziellen Risikosituationen liegt bei etwa zehn Prozent aller Frauen und Männer in Deutschland eine genetische Veranlagung vor. Zum Vergleich: Ein Langstreckenflug erhöht das Thrombose-Risiko um das Zwei- bis Vierfache, eine familiäre Vorbelastung dagegen um das 250-fache.

An eine vererbte Thrombophilie sollten Sie denken bei

  • Thrombosen vor dem 45. Lebensjahr
  • wiederkehrenden Thrombosen
  • Thrombosen an ungewöhnlichen Stellen (zum Beispiel in den Armvenen)
  • familiärer Häufung von Thrombosen

Was können wir im Labor herausfinden?

Bei einer familiär bedingten Thrombophilie werden Mutationen in einzelnen Genen der Gerinnungsfaktoren vererbt. Das sind die körpereigenen Eiweißstoffe, die die Gerinnungskaskade im Blut bis hin zur Thrombenbildung in Gang bringen – aber auch die Gerinnung teilweise hemmen, damit ein Gleichgewicht entsteht und eine unkontrollierte Propfbildung über die Wundstelle hinaus verhindert wird.

Gerinnungsfaktoren heißen zum Beispiel Antithrombin, Protein C (APC), Protein S, Von-Willebrand-Faktor oder Faktor V (Faktor fünf).

Wenn nun ein Gen, das die Erbinformationen für einen bestimmten Gerinnungsfaktor enthält, Störungen aufweist, funktioniert die Blutgerinnung nicht reibungslos. Dann wird entweder gar kein oder zu wenig oder kein normal arbeitender Gerinnungsfaktor gebildet.

Die häufigste familiäre Veranlagung für eine Thrombophilie ist eine Veränderung im Blutgerinnungsfaktor V, die „Faktor-V-Leiden-Mutation“, benannt nach der Stadt Leiden in den Niederlanden. Die Faktor-V-Leiden-Variante bewirkt eine sogenannte APC-Resistenz. Das heißt, der gerinnungshemmende Stoff APC kann den gerinnungstreibenden Faktor V nur noch sehr langsam deaktivieren. Dieser ist resistent gegenüber APC. Die Folge ist eine ständig erhöhte Gerinnungsaktivität und ein deutlich erhöhtes Thromboserisiko.

Aus einer normalen Blutprobe können wir die Faktor-V-Leiden-Mutation beziehungsweise eine APC-Resistenz sicher nachweisen – ebenso wie andere, seltenere Ursachen für eine vererbte Thrombophilie, zum Beispiel eine Prothrombin-Genmutation, angeborener Antithrombin-Mangel oder angeborener Protein S-Mangel.

Ihr Vorteil

Patienten mit familiärer Thrombophilie haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Venenthrombosen. Wer um seine erbliche Veranlagung weiß, kann in kritischen Situationen vorbeugen (siehe „Erworbene Risikofaktoren“) und gemeinsam mit dem Arzt eine Präventionsstrategie entwickeln.