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Kurz gesagt:

Medikamente mit dem gerinnungshemmenden Stoff Heparin können paradoxerweise selbst eine Thrombose auslösen.

Bei einer Heparinisierung sollte daher die Blutplättchenzahl regelmäßig kontrolliert werden.

Der starke Abfall der Thrombozytenwerte innerhalb einer bestimmten Zeit ist ein wichtiger Anhaltspunkt für die Diagnose einer HIT.

Für die Praxis

Leitsymptom der immunologisch heparininduzierten Thrombozytopenie (auch HIT Typ 2) ist ein Thrombozytenabfall auf weniger als die Hälfte des Ausgangswerts fünf bis 10 Tage nach dem Beginn der Heparingaben. Typisch sind auch thromboembolische Ereignisse.

Ein klinischer Wahrscheinlichkeitsscore (4T-Score) vor der Laboruntersuchung umfasst neben der Thrombozytenzahl den Zeitverlauf des Thrombozytenabfalls, die Manifestation von Thrombosen sowie andere Ursachen einer Thrombozytopenie. Hautnekrosen an der Heparinapplikationsstelle können ein weiterer Hinweis sein.

Zeigt der Score für den Patienten eine mittlere oder hohe Wahrscheinlichkeit für eine HIT II, wird die Laboruntersuchung auf PF4-Heparin-Antikorper empfohlen. Schon bei HIT II-Verdacht ist das Heparin abzusetzen und eine alternative Antikoagulation zu initiieren.

Was ist eine Heparin-induzierte Thrombozytopenie?

Patienten mit einer akuten Venenthrombose oder einem Herzinfarkt werden häufig mit Heparin behandelt. Heparin ist ein gerinnungshemmendes Mittel (umgangssprachlich „Blutverdünner“), das den Abbau von Blutgerinnseln unterstützt. Prophylaktisch wird es auch vor oder nach einer Operation und bei längerer Bettlägerigkeit eingesetzt.

In seltenen Fällen kann die Gabe von Heparin paradoxerweise selbst Thrombosen entstehen lassen. Diese unerwünschte Arzneimittelwirkung heißt Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT). Der gefährliche Typ 2 der HIT, der lebensbedrohlich sein kann, ist eine Immunreaktion. Dabei bildet der Organismus Antikörper gegen die sogenannten Heparin-Plättchenfaktor 4-Komplexe. „Plättchenfaktor 4“ ist ein Eiweiß, das sich in der Blutbahn mit Heparin verbindet.

Diese Antikörper gegen Heparin-Protein-Komplexe aktivieren bestimmte Blutbestandteile, die Thrombozyten (Blutplättchen), was über eine Reaktionskette schließlich zur Thrombenbildung beziehungsweise einem Propf führen kann.

Risiken und Warnzeichen

Die immunvermittelte Form der HIT tritt etwa fünf bis zehn Tage nach Beginn einer Heparin-Therapie auf. In Ausnahmefällen kann diese Komplikation bei der Behandlung mit Heparin bereits nach wenigen Stunden (wenn der Patient in den letzten vier Wochen bereits Heparin erhalten hatte) oder auch nach dem 15. Tag einsetzen.

  • Das Risiko ist bei unfraktioniertem (hochmolekularem) Heparin größer als bei fraktioniertem (niedermolekularem) Heparin.
  • Chirurgische Patienten sind häufiger betroffen als nicht-chirurgische.
  • Das höchste Risiko haben kardiochirurgische Patienten und Patienten nach großen vaskulären (Gefäß-) Eingriffen, die unfraktioniertes Heparin erhalten haben.

Ein erster Anhaltspunkt zeigt sich mitunter schon bald nach der Spritzengabe: Hautveränderungen (Entzündungen, Nekrosen) rund um die Einstichstelle können ein frühes Symptom für eine allergische Reaktion auf die Substanz sein.

Weitere Verdachtsmomente sind:

  • Ein Abfall der Thrombozytenzahl um mehr als 50 Prozent des Ausgangswertes, ohne sonst ersichtlichen Grund, fünf bis zehn Tage nach Heparingabe
  • Neu aufgetretene venöse oder arterielle Thrombosen, auch ohne einen Thrombozytenabfall
  • Akute Überempfindlichkeitsreaktionen nach Heparingabe

Der HIT-Score

Diese klinischen Anzeichen werden in ein standardisiertes Punktesystem aufgenommen. Um die Diagnose einer HIT Typ 2 stellen zu können, müssen zudem andere Ursachen einer Thrombozytopenie ausgeschlossen werden. Mit dem HIT- oder 4T-Score (Thrombocytopenia, Timing, Thrombosis, oTher) kann die Wahrscheinlichkeit für eine Heparin-induzierte Thrombozytopenie beurteilt werden.

Was können wir im Labor messen?

Die Hauptaufgabe des Labors während einer Heparintherapie besteht in der regelmäßigen Kontrolle der Thrombozytenzahl des Patienten. Ergibt der 4T-Score eine mittlere oder hohe Wahrscheinlichkeit für eine HIT vom Typ 2, wird ein Bluttest auf PF4-Heparin-Antikörper empfohlen. Lassen sich HIT-Antikörper nicht nachweisen, ist eine HIT sehr unwahrscheinlich.