Kurz gesagt:
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Longevity bedeutet mehr als Langlebigkeit – entscheidend ist dabei auch gesund zu altern.
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Der Lebensstil hat einen weitaus größeren Einfluss auf Longevity als die Genetik.
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Wissenschaftlich gut belegte Faktoren für ein gesundes und langes Leben sind pflanzenbasierte Ernährung, körperliche Aktivität, ausreichend Schlaf, soziale Beziehungen sowie reduzierter Tabak- und Alkoholkonsum.
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Anti-Aging-Mittel wie Rapamycin, Metformin oder verschiedene Nahrungsergänzungsmittel zeigen im Tierversuch vielversprechende Effekte auf die Langlebigkeit. Ihre Wirksamkeit und Sicherheit beim Menschen sind jedoch noch nicht ausreichend belegt.
Longevity - wie wir länger und gesünder leben
Die Sehnsucht nach einem langen, gesunden Leben ist bestimmt so alt wie die Menschheit selbst. Während unsere Vorfahren selten älter als 40 Jahre werden konnten, hat sich die Lebenserwartung in den letzten 120 Jahren in Deutschland und anderen Industrienationen fast verdoppelt. Doch damit geben wir uns nicht zufrieden: Weltweit suchen Wissenschaftler nach Wegen, um länger zu leben. Tech-Milliardäre wie Jeff Bezos oder Bryan Johnson gründen Start-ups zur Forschung an Langlebigkeit. Gesund altern, das biologische Alter umkehren, Krankheiten hinauszögern – Longevity ist längst mehr als ein Trend. Und Hand aufs Herz: Wer wünscht sich nicht ein langes, vitales und erfülltes Leben?
Longevity – Bedeutung und Einflussfaktoren
Was bedeutet Longevity?
Longevity steht für das Konzept, länger zu leben und gleichzeitig gesund zu altern. Der Begriff leitet sich vom Lateinischen longus (lang) und vita (Leben) ab und wird meist mit Langlebigkeit übersetzt. Doch es geht um mehr als die bloße Lebensdauer (Lifespan): Ziel ist es insbesondere die gesunde Lebensspanne – die sogenannte Healthspan – zu verlängern.
Aktuelle Daten zeigen jedoch eine deutliche Diskrepanz: Der Healthspan-Lifespan-Gap liegt in Deutschland bei rund 11 Jahren. Die Menschen verbringen - auch wenn sie alt werden - durchschnittlich die letzten elf Lebensjahre mit chronischen Erkrankungen oder funktionellen Einschränkungen.
Wie alt kann ein Mensch werden?
Die älteste offiziell dokumentierte Person war Jeanne Calment aus Frankreich – sie konnte beeindruckende 122 Jahre und 164 Tage alt werden. Dieser Altersrekord besteht seit fast 30 Jahren. Ob sich das maximale menschliche Lebensalter noch wesentlich steigern lässt, ist unter Forschenden umstritten. Klar ist jedoch: Immer mehr Menschen erreichen ein langes Leben. In Deutschland ist die Zahl der Hundertjährigen in den letzte elf Jahren um rund 25 % gestiegen. Chronische Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Leiden oder Demenz bleiben aber auf einem hohen Niveau, treten nur bei Menschen, die so alt werden, oft später auf.
Die wichtigsten Faktoren für ein langes Leben
Es gibt allerdings auch Orte auf der Welt, wo auffällig viele Menschen ein sehr langes Leben führen und dazu auch noch beeindruckend oft gesund altern. Diese sogenannten „Blue zones“ sind von zentraler Bedeutung für die Forschung zu Longevity. Zu ihnen gehören Okinawa (Japan), Sardinien (Italien), Ikaria (Griechenland) und Nicoy (Costa Rica).
Welche Rolle spielt die Genetik beim Älterwerden?
Es gibt sie, die Gene, die mit Langlebigkeit verbunden sind. Sie heißen z.B. FOXO3A oder APOE2. Für die Forscher überraschend war jedoch die Erkenntnis, dass Longevity nur zu etwa 20 % durch die Gene bestimmt wird. Die anderen 80 % werden durch unseren Lebensstil bestimmt.
Wie können wir gesund alt werden?
Durch Forschungen in den „Blue zones“ in Kombination mit Langzeit- und Zwillingsstudien konnte man die Lebensstilfaktoren identifizieren, die zu einem langen und gesunden Leben führen. Zu diesen gehören:
- Ernährung: Eine pflanzenbasierte Ernährung ist ein zentrales Merkmal der Bevölkerungsgruppen in den „Blue zones“. Trotz kultureller Unterschiede essen sie überwiegend Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und ergänzend Milchprodukte. Besonders gut belegt ist der Zusammenhang zwischen mediterraner Ernährung und Langlebigkeit: Viel Olivenöl, Obst, Gemüse und Nüsse sowie wenig rotes Fleisch prägen diese Kost. Auch eine kalorienreduzierte Nahrungsaufnahme scheint sich positiv auf Longevity auszuwirken. In Okinawa erinnert das Mantra „Hara Haci Bu“ daran, nur bis zur 80-prozentigen Sättigung zu essen.
- Bewegung: Bewohner der „Blue zones“ besuchen selten Fitnessstudios. Stattdessen pflegen sie ihr Leben lang einen aktiven Alltag, etwa durch tägliche Spaziergänge und Gartenarbeit. Zahlreiche Studien belegen, dass regelmäßige körperliche Aktivität die Langlebigkeit fördert: Eine US-amerikanischen Langzeitstudie mit über 100.000 Teilnehmern zeigte, dass bereits 300 Minuten moderate Bewegung pro Woche das Sterberisiko um 20 % senken kann.
- Schlaf und Stressreduktion: Bewohner der Blue zones finden Zeit für Entspannung im Alltag, vermeiden Stress, schlafen ausreichend in der Nacht und finden oft noch Zeit für ein kurzes Mittagsschläfchen. Mehrere Langzeitstudien belegen mittlerweile, dass regelmäßiger Schlaf von 7 bis 9 Stunden pro Nacht sich positiv auf Gesundheit und Longevity auswirken.
- Soziale Verbundenheit und Lebenssinn: In den Blue zones fördern enge soziale Netzwerke wie das Moai (Treffen von Freunden im Alltag) in Okinawa oder die familiäre Verbundenheit in Sardinien emotionale Stabilität und gesundes Altern. Auch große Langzeitstudien zeigen einen überraschend großen Einfluss glücklicher Beziehungen auf die Langlebigkeit.
- Geringer Tabak- und Alkoholkonsum: Während Rauchen in den „Blue zones“ kaum verbreitet ist, wird Alkohol – wenn überhaupt – nur in moderaten Mengen und meist in Form von Rotwein konsumiert.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Langlebigkeit
Was passiert im Körper beim Älterwerden?
Wissenschaftler weltweit erforschen die biologischen Mechanismen des Alterns, unter anderem mit dem Ziel, ein gesundes Altwerden und Langlebigkeit zu fördern. Zwölf zentrale Prozesse des Alterns, die sogenannten „Hallmarks of Aging“, wurden bereits identifiziert. Sie erklären, welche Veränderungen unser Körper beim älter werden durchläuft und wie dies unsere Longevity beeinflusst. Zu den wichtigsten Prozessen zählen:
- Genomische Instabilität: Veränderungen im Erbgut können zur Entstehung von Krankheiten, insbesondere Krebserkrankungen, beitragen, was unsere Langlebigkeit negativ beeinflusst.
- Telomerverschleiß: Telomere, die Schutzkappen an den Enden der Chromosomen, verkürzen sich im Laufe der Zeit, was die Stabilität unseres Erbguts beeinträchtigen kann.
- Epigenetische Veränderungen: Umwelt- und Lebensstilfaktoren verändern die Steuerung der Genaktivität, was Alterungsprozesse beeinflusst und damit unsere Chance auf ein gesundes Altern prägt.
- Zelluläre Seneszenz: Mit dem Älterwerden sammeln sich Zellen an, die sich nicht mehr teilen, aber entzündungsfördernde Stoffe freisetzen. Diese seneszenten Zellen tragen zur Gewebealterung und zur Entstehung chronischer Krankheiten bei.
- Beeinträchtigte Autophagie: Die Fähigkeit der Zellen, beschädigte Bestandteile abzubauen und zu recyceln, nimmt beim Altwerden ab.
- Gestörtes Darmmikrobiom: Mit fortschreitendem Alter kommt eine Dysbiose, also eine ungünstige Zusammensetzung der Darmflora, häufiger vor. Dies kann Entzündungen fördern und das Risiko für altersbedingte Krankheiten erhöhen. Eine Darmmikrobiomanalyse kann frühzeitig Hinweise auf eine Dysbiose liefern.
Welche Anti-Aging-Mittel könnten helfen?
Mehrere Mittel werden derzeit erforscht, um Longevity zu fördern. Doch Vorsicht: Bislang ist für keines der Mittel eine gesicherte Wirksamkeit belegt, einige bergen zudem Risiken für schwerwiegende Nebenwirkungen.
- Rapamycin: Ursprünglich in der Krebstherapie und nach Organtransplantationen eingesetzt. In Tierversuchen erhöht Rapamycin die Langlebigkeit, aber bei Menschen konnte es bisher wegen Nebenwirkungen nicht etabliert werden.
- Metformin: Das Antidiabetikum zeigt in Tiermodellen positive Effekte auf die Longevity. Ergebnisse bei Menschen sind uneinheitlich, derzeit laufen große klinische Studien.
- Senolytika: Diese Substanzen sollen seneszente Zellen entfernen, die Entzündungen und Gewebeschäden fördern. Natürliche Senolytika, wie die Flavonoide Quercetin und Fisetin, und ihre Wirkung auf Langlebigkeit werden intensiv erforscht.
- Nahrungsergänzungsmittel:
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Spermidin: Natürlich vorkommender Stoff, z.B. in Weizenkeimen und gereiftem Käse; könnte durch Förderung der Autophagie gesundes Altern unterstützen.
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Resveratrol: Polyphenol, das in Trauben, Erdnüssen, Blaubeeren und Rotwein vorkommt. Trotz umfangreicher Forschung ist die Wirkung auf Longevity bislang unklar.
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NMN (Nicotinamid-Mononukleotid): NMN ist eine Vorstufe des Coenzyms NAD+, dessen Spiegel im Alter sinkt. NMN wird im Körper zu NAD+ umgewandelt, was möglicherweise das Älterwerden verlangsamen lässt. Wirkung und Sicherheit müssen allerdings noch durch Langzeitstudien bestätigt werden.
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Gentherapien: Erste Ansätze wie die Telomerase-Gentherapie zielen darauf ab, die Verkürzung der Telomere rückgängig zu machen. Diese Verfahren befinden sich noch im frühen Forschungsstadium.
Die wichtigsten Faktoren für ein langes und gesundes Leben
Die Wissenschaft zeigt klar: Auch wenn genetische Faktoren eine Rolle spielen, sind es vor allem der Lebensstil und gezielte Prävention, die die Langlebigkeit beeinflussen. Gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität, guter Schlaf und starke soziale Bindungen haben eine große Bedeutung, um Longevity zu fördern. Während die Forschung an neuen Anti-Aging-Strategien voranschreitet, bleibt es entscheidend, frühzeitig in die eigene Gesundheit zu investieren.
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Fragen und Antworten
Longevity bedeutet Langlebigkeit und zielt darauf ab, sowohl die Lebenszeit zu verlängern als auch die Lebensqualität im Alter zu verbessern. Unter Longevity versteht man also die Bemühungen, länger und gesünder zu leben.
Dr. Nathalie Eckel | Dieser Beitrag ist wissenschaftlich geprüft
