Außerhalb der Laborwelt wird zunehmend die Aussagekraft der PCR diskutiert. Das geht bis hin zum Anzweifeln sämtlicher Positiv-Ergebnisse. Wir haben die 5 wichtigsten Fragen aufgegriffen und beantwortet.

Angenommen in einer Publikation stünde, dass die Spezifität der PCR 99,9 % beträgt. Bedeutet dies, dass bei Testung von 100.000 Personen 100 Ergebnisse falsch positiv sind?

Das bedeutet folgendes: Von 100.000 unbekannten Menschen in Deutschland sind bei momentaner Durchseuchung etwa 1% infiziert, also 1.000 Personen. Ein Test mit 99,9 %-iger Spezifität findet - bei unterstellter ähnlich hoher Sensitivität - neben diesen 1.000 richtig Positiven auch 99 falsch Positive. Vorausgesetzt, dass beim Abstrich genügend Virusmaterial gewonnen werden konnte. Je stärker sich die Infektion in der Bevölkerung verbreitet, desto geringer wird der Anteil der falsch positiven an der Menge aller positiven Ergebnisse.

Die größere Fehlerwahrscheinlichkeit liegt in der Probennahme: Wurde der Abstrich fachgerecht durchgeführt? Waren zum Abstrich-Zeitpunkt genügend Viren im Rachenraum vorhanden oder war die Infektion noch zu frisch? Entscheidend für die richtige Aussage der Laborbefunde ist - wie immer - deren Einordnung in anamnestische und klinische Daten. 


Wie kann es zu den falsch positiven PCR-Resultaten kommen, die im Ringversuch vom April 2020 beim Testen einer definiert negativen Probe erzeugt wurden?

Möglich sind Probenverwechslung im Labor oder Kontamination der Probe. Probenverwechslungen sind extrem selten, tauchen aber immer mal wieder auf. Und Kontaminationen, also Verunreinigungen der Probe während des Analyseprozesses, sind umso häufiger zu beobachten, je ungeübter das Laborpersonal ist und je stärker nicht-automatisierte Testsysteme eingesetzt werden. Wir verwenden mehrere Primer in unseren PCR-Tests, deren Spezifitäten sich addieren. Bei 3 Virusgenen, nach denen wir suchen, beträgt die Gesamt-Spezifität 99,99%, d.h. unter 10.000 richtig negativen Resultaten gibt es einen falsch Positiven, der in der Folge unnötig in Quarantäne geht.


Kann sich das SARS-CoV-2 durch Mutationen in den letzten Monaten derart verändert haben, dass es durch unsere PCR nicht mehr zuverlässig nachgewiesen wird?

Es sind inzwischen seltene Mutationen beschrieben worden, die auch Bereiche der PCR betreffen. Durch die angewandte dual-target-PCR fallen diese Mutationen nicht ins Gewicht. Es sind bislang keine Fälle beschrieben worden, bei denen der Nachweis des Virus komplett ausgefallen ist. Regelmäßige Genomsequenz-Updates durch die wissenschaftliche Gemeinschaft werden von den Herstellern genutzt, um die Zuverlässigkeit der PCR-Diagnostik zu gewähren.


Gibt es eine "Labor-Pandemie"?

Dieser Begriff ist kein wissenschaftlich seriöser Terminus. Im gegenwärtigen Stadium der Covid-19-Pandemie gibt es in der Tat und naturgemäß noch viele weiße Flecken in der Wissenslandschaft. Aber für die Auffassung, Covid-19 sei die Folge zu vieler oder fehlerhafter Labormessungen, liegt kein vernünftiger Beleg vor. Es existiert definitiv ein Anteil an positiv getesteten Personen, die wenige oder gar keine Symptome aufweisen. Da diese dennoch andere Menschen anstecken können, sind auch sie Teil der Pandemie und kein Laborphänomen.


Ist die PCR zu ungenau, um daraus politische Maßnahmen abzuleiten?

Während einer Pandemie, in der weder Medikamente noch Impfstoffe verfügbar sind, müssen akute Infektionen schnell erkannt und Infektketten früh unterbrochen werden. In diesem Sinne ist es vernünftiger, dass sich einige Personen fälschlich in Quarantäne begeben, als dass unentdeckte Infizierte andere Menschen mit gesundheitlichen Risiken anstecken. Man kann aus den vorliegenden Messdaten gewiss unterschiedliche Maßnahmen zur Infektionskontrolle ableiten und Einschränkungen des öffentlichen Lebens kontrovers diskutieren. Aber die PCR zum Nachweis des SARS-CoV-2 hat eine wünschenswert hohe Genauigkeit, die deutlich über den Kennzahlen (Sensitivität, Spezifität) vieler anderer Labortests liegt, auf die wir uns in der Diagnostik täglich verlassen.