Parodontitis ist mehr als ein bisschen Zahnfleischbluten
„Zahnfleischbluten ist nicht nur unangenehm, es ist ein Alarmsignal für gefährliche Parodontose. Das Ende davon ist Zahnausfall.“ – So klang Zahnpasta-Reklame vor 20 Jahren.
Richtig ist: Zahnfleischbluten ist ein Alarmsignal. Zahnausfall wird aber heute eher einer Parodontitis zugeschrieben. Das klingt so ähnlich, es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied:
- Parodontose meint einen Zahnfleischrückgang ohne Entzündung – oftmals altersbedingt und mit einem geringeren Gesundheitsrisiko.
- Eine Parodontitis ist eine entzündliche Erkrankung, die nicht nur den festen Sitz des Zahns angreifen kann, sondern mit weiteren schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen in Verbindung gebracht wird.
Zum Welttag der Mundgesundheit am 20. März möchten wir Sie über diese wenig bekannte, aber weit verbreitete Volkskrankheit informieren.
Was ist eine Parodontitis?
Parodontitis ist eine Entzündung des Zahnhalteapparats. Sie greift also nicht nur das Zahnfleisch an, sondern auch den Zahnzement, die Wurzelhaut und die Zahnfächer (die Vertiefungen im Kieferknochen, in denen der Zahn mit seiner Wurzel steckt). Parodontitis kann zum Zahnausfall und sogar zur Zerstörung des Kieferknochens führen.
Gefährlicher Zahnbelag
Ausgelöst wird diese Erkrankung von Bakterien, die sich in einem als Plaques bezeichneten Biofilm an den Zähnen anlagern und mit ihren giftigen Stoffwechselprodukten eine Entzündung verursachen. Dadurch löst sich das Zahnfleisch etwas vom Zahnhals ab.
Die so entstandenen kleinen Zwischenräume zwischen Zahn und Zahnfleisch nennt man Zahnfleischtaschen. In diesen Furchen sammeln sich immer mehr aggressive Keime an, die immer tiefere Infektionen und Entzündungsreaktionen hervorrufen, von denen schließlich der gesamte Zahnhalteapparat betroffen ist.
Dadurch lockern sich die Zähne, Implantate halten nicht mehr. Bei Implantatträgern heißt eine Parodontitis „Periimplantitis“.
Welche Symptome bei Parodontitis?
Da sich eine Parodontitis aus einer normalen Zahnfleischentzündung entwickelt, sollte schon auf Anfangszeichen geachtet werden wie
- gerötetes, geschwollenes, druckempfindliches Zahnfleisch
- Blutungen schon bei leichter Berührung, etwa bei Zähneputzen
Wenn das Zahnfleisch zurückgeht und die Zähne dadurch größer erscheinen, ist die Erkrankung bereits fortgeschritten.
Die Risikofaktoren
Hauptursache für eine Parodontitis ist nachlässige Mundhygiene, was zur Bildung von Belägen und Zahnstein führt. Daneben können sekundäre Faktoren wie Stress, Rauchen, Hormonschwankungen, Übergewicht, Medikamente (zum Beispiel Immunsuppressiva) und verschiedene Erkrankungen (Diabetes, rheumatoide Arthritis etc.) eine bakterielle Zahnfleischentzündung begünstigen. Der Grund dafür sind komplexe Immun- und Entzündungsreaktionen im Organismus. Auch die individuelle Veranlagung scheint eine Rolle zu spielen. Zahnausfall und Zahnprothesen bei älteren Familienangehörigen können ein Hinweis darauf sein.
Bis hin zu Rheuma, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Umgekehrt haben Betroffene als Wechselwirkung einer Parodontitis ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch auf chronische Erkrankungen wie Diabetes und Rheuma kann die bakteriell bedingte Zahnbettentzündung negativen Einfluss nehmen.
Was können wir im Labor messen?
- das Keimspektrum
Zur Behandlung einer Parodontitis stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, je nach Dauer und Schweregrad. Da es dabei auch darum geht, die Bakterien als Verursacher der entzündlichen Erkrankung zu beseitigen, kommen mitunter auch Antibiotika zum Einsatz. Ein Antibiotikum ist aber nicht in jedem Fall sinnvoll. Und nicht jedes Mittel wirkt gleich gut auf die Erreger. Aus diesem Grund kann eine mikrobiologische Analyse des Keimspektrums angebracht sein.
Antibiotika – ja oder nein?
Dafür wird aus den Zahntaschen eine Bakterienprobe entnommen. Im Labor bestimmen wir die sogenannten Markerkeime, also die wichtigsten vorhandenen Parodontitis-Bakterien. Mit diesem Wissen kann Ihr Zahnarzt dann entscheiden, ob eine Antibiotikabehandlung Erfolg verspricht und welche Mittel sich dafür eignen.
- den Behandlungserfolg
Mit dem sogenannten aMMP-8-Test kann schon nach zwei bis drei Wochen festgestellt werden, ob die Therapie anschlägt und der Verlust von zahnumgebendem Gewebe gestoppt worden ist. Hinter dieser Abkürzung verbirgt sich das Enzym „aktive Matrix-Metallo-proteinase-8“, das vom Immunsystem als Reaktion auf die Besiedlung mit Bakterien freigesetzt wird.
Dafür wird mit einem dünnen Entnahmestreifen Sekret aus den Zahnfleischtaschen entnommen und im Labor analysiert. Ein deutlicher Rückgang der aMMP-8-Aktivität zeigt einen Erfolg der anti-entzündlichen Maßnahmen.
Auch in der weiteren Nachsorge liefert der aMMP-8-Test wertvolle Informationen. Verändert sich der Messwert nicht, ist ein erneutes Aufflammen der Zahnfleischentzündung unwahrscheinlich. Steigt der Wert an, kann Ihr Zahnarzt in Kombination mit anderen Untersuchungen entscheiden, ob eine neuerliche Therapie erforderlich ist.
- versteckte Abbauprozesse
Neuere Studien deuten darauf hin, dass die Menge des aktiven Enzyms aMMP-8 im Speichel schon frühzeitig Hinweise auf Entzündungsaktivitäten und Abbauprozesse im Zahngewebe liefern und somit auch die Prävention der Parodontitis verbessern könnte.
Genetischer Risiko-Check und weitere Fachinformationen
Weiterführende, kompakte Informationen (zum Beispiel über einen genetischen Risikofaktor für die Parodontitis) finden Sie auf unserer Webseite „Say Teeth“. Die Fachinformation „Diagnostik parodontopathogener Keime“ steht hier zum kostenlosen Download bereit, die Fachinformation zum aMMP-8-Test hier.